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Die Suche nach Zinsen für Spar-Anlagen treibt aktuell immer neue Blüten. Zinsanlagen in Bundesanleihen gewinnen mächtig an Wert. Obwohl die Zinsen derzeit so tief sind wie nie. Und das hängt sogar zusammen.

Eine Großbank wirbt momentan aufwändig mit sog. „Zugreif-Zinsen“: 0,75 Prozent gibt es dort auf einem Festgeldkonto – für maximal sechs Monate. Wer zu Jahresbeginn bei einer Bundesanleihe zugriff, der hat in knapp sechs Monaten mehr als 5,75 Prozent verdient; zusätzlich zu den normalen Zinsen dieser Anleihe. Das ist keine Zauberei an der Börse sondern ein spezieller Automatismus: So tief wie die Zinsen sinken, so hoch steigen die Kurse von Anleihen; wenigstens vorübergehend.

Anders als Sparbuch- oder Festgeld-Anlagen können (Bundes)-Anleihen jederzeit an Börsen gekauft- und verkauft werden; z.B. an der Frankfurter Wertpapierbörse. Dafür braucht man ein Depot bei ’ner Bank oder Sparkasse. Das ist – abgesehen von erheblichem Papierkram bei der Eröffnung des Depots – ein einfaches Konto für Einheiten von Wertpapier­en anstatt für Euro und Cent.

 Eine gute Anlageform beschert uns auch in Zeiten von schwachen Zinsen eine gute Rendite. Bildquelle: © Christian Dubovan / Unsplash.com
Eine gute Anlageform beschert uns auch in Zeiten von schwachen Zinsen eine gute Rendite. Bildquelle: © Christian Dubovan / Unsplash.com

Depot: ein einfaches Konto für Wertpapiere

Bundesanleihen sind festverzinsliche Wertpapiere. Ein fester Zinssatz, der sog. Nominalzins, sowie die feste, jahrelange Laufzeit zeichnen diese Anleihen aus. Und die Sicherheit. Hinter Bundesanleihen stehen der Staat und seine Steuerzahler. Davor stehen Sparer und Anleger aus Deutschland und aus aller Welt. Sie kaufen Bundesanleihen in nie gekannten Mengen. Bezahlen mit erspartem Geld, oder mit Geld aus Verkäufen anderer Anleihen; z.B. von italienischen Anleihen.

Aktuell stehen Sparern, Anlegern, Fonds und Versicherungen insgesamt 39 verschiedene Bundesanleihen zur Verfügung mit Laufzeiten bis teilweise nach 2040. Der Wert dieser Anleihen beläuft sich auf weit mehr als 1.000 Milliarden Euro.

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Eine dieser Anleihen ist jene, die Finanzminister Peer Steinbrück am 23.7.2008 ausgeben ließ. Für diese Anleihe zahlt die Bundesrepublik noch bis zum 4.7.2040 jedes Jahr 4,75 Prozent Zinsen auf jeweils 100 Euro Nennwert. Diese Verzinsung ist so attraktiv, dass an der Börse Milliardenbeträge geboten werden, um Nennwerte dieser Anleihe erwerben zu können. Verkäufer sind Anleger, die nicht bis 2040 durchhalten wollen oder können sondern aktuell aus ihren Depots verkaufen. Die Bundesrepublik als Schuldner dieser und der anderen ständig an der Börse gehandelten Anleihen hat mit diesen Vorgängen nichts zu tun.

Bundesanleihen sind echte WERTpapiere

Zu Beginn des Jahres 2019 waren Privatleute, Fonds oder Versicherungen bereit, diesen „4,75er Bund/2040“, wie es an der Börse heißt, für 182 Prozent des Nennwerts aus ihren Depot-Beständen zu verkaufen. Die anteiligen Zinsen bezahlt der Käufer automatisch zusätzlich zum Kurswert des Nennwerts. Das ist absolut gängige Praxis. Wer schon beim Start 2008 in diesen „4,75er“ eingestiegen ist, der hat 100 Prozent. Bis zu den heutigen fast 200 Prozent hat mit dieser Anleihe mehr verdient als er mit den meisten deutschen Aktien verdient hätte.

Seit Jahresbeginn 2019 suchen immer mehr Sparer und Anleger nach Anlagen in Bundesanleihen. Die Käufer sind quasi gezwungen, alte Anleihen, wie etwa den „4,75er“ aus 2008 zu kaufen. Eine neue Anleihe hat Finanzminister Olaf Scholz 2019 erst einmal ausgeben lassen; allerdings nicht mit 4,75 Prozent Zinsen, wie Kollege Steinbrück es 2008 machte, sondern nur mit 0,25 Prozent; wohlgemerkt pro Jahr.

Die Folge der riesigen Nachfrage ist: Käufer bewilligen z.B. für diesen „4,75er Bund“ inzwischen freiwillig mehr als 192 Prozent des Nennwerts. Für andere „Bunds“ sind – im Prinzip – ähnliche Aufschläge zu verzeichnen. Wer also für den „4,75er Bund 2040“ vor sechs Monaten für 182 Prozent bezahlt hat, der kann sich heute über 10 Euro Plus für jeweils 100 Euro Nennwert freuen; zusätzlich zu 2,37 Euro anteilige Zinsen für das halbe Jahr 2019; ein Super-Geschäft.

Wer jetzt rechnet: 4,75 [Zinsen] ÷ 192 [Kurs], der kommt auf knapp 2,5 Prozent laufende Rendite pro Jahr, ohne dass der Kurs der Anleihe weiter steigt oder vielleicht auch mal wieder fällt. Eines Tages wird der Kurs bestimmt fallen; dann nämlich, wenn 2040 näher rückt. Dann gibt es nur den Nennwert der Anleihe zurück. Gegenüber heutigen Kaufkursen von 182 oder gar mehr als 192 Prozent für dieselbe Anleihe ist das ein heftiges Minus.

Martin Beier ist Experte in Sachen Finanzen. Bildquelle: © Martin Beier
Martin Beier ist Experte in Sachen Finanzen. Bildquelle: © Martin Beier

Am Ende gibt es „nur“ 100 Prozent zurück

Die heutigen hohen Kurse des „4,75ers“ und auch anderer Bundes- und sonstiger Anleihen sinken bis zum Tag der Rückzahlung nach und nach in Richtung des üblichen Rückzahlungskurses 100 Prozent. Wie das in der Praxis wirkt, das wird besonders deutlich an der 6,50 Prozent Hochzinsanleihe der Bundesrepublik aus dem Jahr 1997. Spitzenmäßige 177 Prozent haben Anleger 2015 für Nennwerte dieser Höchstzins-Anleihe der Bundesrepublik bezahlt. Heute sind dieselben Nennwerte „nur“ noch 157 Prozent wert, obwohl allgemein die Zinsen heute noch niedriger sind als schon 2015. Der Grund: Die Laufzeit des „6,5ers“ bis zu seiner Rückzahlung am 4.7.2027 hat sich um vier Jahre verkürzt.

Dass der „4,75er Bund“ seinen Höchstkurs von mehr als 200 Prozent aus dem Jahr 2016 wieder erreichen wird, das ist möglich: Es setzt allerdings voraus, dass die Zinsen allgemein noch weiter ins Minus sinken. Möglich ist das, wenn Bürger aus den EU-Partnerländern Italien aus der Schuldenkrise retten müssen. Wünschen kann sich diese Krise niemand. Die Krise ausschließen, das kann allerdings auch niemand. Clevere Sparer und Anleger machen ihren privaten Anleihegewinn aus dieser Situation.

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