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Wer auf den Rollstuhl angewiesen ist, dreimal pro Woche zur Dialyse muss oder blind ist, hat besondere Anforderungen an sein Reiseziel. Die besuchten Orte müssen barrierefrei sein, oder es ist wichtig, dass Fachärzte in erreichbarer Nähe sind, um die regelmäßige Blutwäsche durchzuführen. Trotzdem sind nicht alle blinden Menschen oder alle Dialysepatienten gleich: Daher sind ihre Wünsche und Anforderungen an eine Urlaubsreise und die Aktivitäten vor Ort unterschiedlich. Der eine liegt gerne gemütlich am Strand und der andere präferiert ein Hausboot für seinen Urlaub. Wir haben uns einige barrierefreie Angebote angeschaut.

Mit dem Rollstuhl auf Safari in Afrika

Afrika kommt wahrscheinlich den wenigsten Menschen als Erstes in den Sinn, wenn es um die Planung einer barrierefreien Reise geht. Das auf Afrika spezialisierte Reiseunternehmen Elangeni hat dank kompetenter Partner vor Ort barrierefreie Standardreisen im Angebot. Vor ein paar Jahren kontaktierte die Geschäftsführerin Heike van Staden den Schauspieler Samuel Koch. Seit seinem Unfall bei „Wetten, dass“ ist er Tetraplegiker, möchte sich aber dadurch möglichst wenig einschränken lassen. Daher war er gleich interessiert, eine Safari in Botswana mitzumachen. In Afrika ist zwar die medizinische Versorgung nicht so gut wie bei uns, aber die Menschen gehen mit behinderten Zeitgenossen unkomplizierter um. Zudem ist das Reisen dort angenehm, weil es nicht viele Vorschriften gibt. In Deutschland wird schnell einmal eine Zugangsrampe abgebaut, weil sie nicht der Baunorm entspricht. Da in Afrika keine solche Vorschrift existiert, improvisieren die Menschen jederzeit: Sie sind flexibel und aufgeschlossen.

In seinem Buch „Rolle vorwärts“ sagt Koch dazu: „Jedoch kann man als Gelähmter oder Versehrter überraschend gut durch Afrika reisen, denn die Menschen sind umwerfend freundlich und unbefangen und schleppen einen einfach überallhin.“

Barrierefrei Reisen heißt vor allem auch die Barrieren im Kopf zu überwinden und sich zu trauen. Bildquelle: © Ahmet Arslan / Unsplash.com
Barrierefrei Reisen heißt vor allem auch die Barrieren im Kopf zu überwinden und sich zu trauen. Bildquelle: © Ahmet Arslan / Unsplash.com

Barrierefrei durch Deutschland reisen

Wer auf den Rollstuhl angewiesen ist und durch Deutschland reist, kann sich über die Onlinekarte und App https://wheelmap.org/ informieren. Dort sehen Sie, ob das gewünschte Ziel vollständig, teilweise oder gar nicht barrierefrei ist. Als Nutzer können Sie jederzeit neue Informationen ergänzen, sodass im Laufe der Zeit immer mehr Ziele auf ihre Barrierefreiheit untersucht werden.

Mit der Bahn zu reisen, ist nicht immer eine Freude und Spontanität schwer möglich, falls Sie auf den Rollstuhl angewiesen sind. Die benötigte Hilfe zum Ein-, Aus- oder Umsteigen müssen Sie einen Tag vor dem Reisetermin bei der Mobilitätsservice-Zentrale der Bahn beantragen. Für manche Bahnhöfe müssen Sie den Service sogar noch früher anmelden. Im Februar 2019 verkündete die Bahn, dass es nicht mehr in jedem Fall möglich ist, die Mobilitätshilfe für die gesamte Reise in Anspruch zu nehmen. Das Problem tritt auf, wenn der Reisende einen Teilabschnitt mit einem Eisenbahnunternehmen zurücklegt, das weder zur Deutschen Bahn gehört noch mit dieser einen Vertrag hat. Um die Diskussion der gerechteren Kostenverteilung nicht auf dem Rücken behinderter Menschen auszutragen, bietet die Bahn den Mobilitätsservice vorerst wieder umfassend an. Die EU-Fahrgastrechteverordnung verpflichtet jedes Eisenbahnunternehmen und die Betreiber von Bahnhöfen, Reisende mit Behinderung oder eingeschränkter Mobilität zu unterstützen.

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Den Mobilitätsservice können Sie telefonisch oder über ein Onlineformular buchen. Dabei stellt sich die Frage, warum die Anmeldung nicht direkt beim Fahrkartenkauf möglich ist. Bei der Platzreservierung könnte die Bahn abfragen, ob der Kunde beim Ein-, Aus- oder Umstieg Unterstützung benötigt und welcher Art.

Auch die Deutsche Bahn bietet mit ihrem Mobilitätsservice barrierefreie Reisen durch Deutschland an. Bildquelle: © Daniel Abadia / Unsplash.com
Auch die Deutsche Bahn bietet mit ihrem Mobilitätsservice barrierefreie Reisen durch Deutschland an. Bildquelle: © Daniel Abadia / Unsplash.com

Barrierefreie Reisevorschläge

Die Bahn bietet eine Übersicht über barrierefreie Reiseziele in Deutschland und Österreich an. Dort finden Sie einige Vorschläge, welche kulturellen Ziele und Naturerlebnisse Sie auch mit dem Rollstuhl gut erreichen können.

Ein besonderes Angebot bietet der Bauernhof von Kerstin-Tüchsen Jürgensen in West-Bargum. Nur 15 Kilometer von der Nordseeküste entfernt machen auf dem komplett barrierefreien Ferienhof Menschen mit den unterschiedlichsten Behinderungen Urlaub. Im Außenbereich finden sich unter anderem barrierefreie Terrassen, eine große Liegeschaukel, Rollfiets sowie und ein überfahrbares “Mensch ärgere Dich nicht”-Spiel.

Sind Sie auf der Suche nach barrierefreien Reisezielen in Deutschland, können Sie sich auf der Website Reisen für Alle informieren. Dieser Anbieter zertifiziert barrierefreie Unterkünfte, Restaurants und kulturelle Einrichtungen.

Für Ihre Urlaubsplanung in Deutschland können Sie auch diese Seite nutzen.

In der Arbeitsgemeinschaft “Barrierefreie Reiseziele in Deutschland” haben sich Urlaubsregionen wie der Nationalpark Eifel, die Sächsische Schweiz oder die Städte Erfurt und Magdeburg zusammengetan. Sie bieten verschiedene Reisen für Gäste mit Mobilitätseinschränkungen, Hörbehinderungen sowie für gehörlose Besucher, Urlauber mit Sehbehinderung und blinde Gäste an.

Reisen als Transplantationspatient

Wer an einer Nierenkrankheit leidet und folglich mehrmals die Woche zur Dialyse muss, verzichtet häufig auf Urlaubsreisen. Das muss jedoch nicht sein, denn mit entsprechender Vorplanung sind Reisen möglich. Dabei muss das Ziel auch kein langweiliger Kurort sein, sondern durchaus ein Strand im Ausland. Selbst Kreuzfahrtschiffe haben in Einzelfällen mittlerweile Dialysestationen. Wer auf eine Nierentransplantation wartet und einen besonders hohen Dringlichkeitsstatus wie HU (high urgency = hohe Dringlichkeit) oder U (urgency = Dringlichkeit) hat, wird eine solche Reise kaum unternehmen können. In diesem Fall sollte der Patient ständig erreichbar sein, falls der ersehnte Anruf kommt. Dann muss alles rasend schnell gehen, und eine langwierige Anreise per Flugzeug ist hinderlich. Im Status T (transplantabel) sieht das anders aus, hängt aber immer vom Einzelfall ab.

Allerdings gibt es Menschen, die dauerhaft auf eine Nierenersatztherapie angewiesen sind, da bei ihnen eine Transplantation nicht infrage kommt. Claus Cleve gehört dazu. Seine Ehefrau Brigitte haben Sie bereits in unserem Interview „Von der Bank über die Pflege zu den Büchern und Twitter“ kennengelernt.

Der Blick vom Dialysezentrum auf Teneriffa lääst die eigentliche Erkrankung für einen Augenblick vergessen. Bildquelle: Herr Cleve
Der Blick vom Dialysezentrum auf Teneriffa lääst die eigentliche Erkrankung für einen Augenblick vergessen. Bildquelle: Herr Cleve

Urlaub auf Teneriffa – Dialyse inklusive

Das Ehepaar Cleve macht besonders im ungemütlichen deutschen Winter gerne Urlaub im sonnigen Süden und ist seit vielen Jahren Fan der Kanarischen Inseln. Im Südwesten Teneriffas haben sie das Dialysezentrum der Familie Peters in Puerto de Santiago entdeckt. Dort genießt Herrn Cleve während seiner Therapie einen atemberaubenden Blick auf das Meer. In der übrigen Zeit erfreuen sich die beiden an der Sonne und Wärme der Insel. Wir haben Herrn Cleve gefragt, warum er sich für dieses Dialysezentrum entschieden hat und was ihm dort besonders gut gefällt.

Claus Cleve: „Das Zentrum bietet mir eine deutschsprachige Betreuung und die von dort gut erreichbaren anderen Orte entsprechen unseren Urlaubsvorstellungen. In der Dialysestation herrscht eine angenehme familiäre Atmosphäre. Ich fühlte mich dort in diesem Jahr schon zum zweiten Mal rundum gut betreut. Die Betreiberfamilie ist umfangreich vernetzt, sodass auch im Notfall schnelle Hilfsmaßnahmen organisiert werden können. Sehr angenehm und hilfreich ist, dass den Dialysepatienten Appartements zu erschwinglichen Preisen vermittelt werden. Außerdem ist der Shuttleservice zur und von der Dialyse ebenso sichergestellt wie der Transfer von und zum Flughafen.“

 Wie sind Ihre Erfahrungen mit barrierefreien Reisen? Welche Reiseziele haben Ihnen besonders gut gefallen und wo haben Sie schlechte Erfahrungen gemacht?

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